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Die Abwanderungswelle ist vorbei – Trend kehrt sich um – Leben

und Wohnen im Grünen rückt immer mehr in den Mittelpunkt

 

Die Abwanderungswelle ist vorbei, seit drei Jahren ziehen mehr Menschen nach Ostdeutschland hin als von dort weg. Aber was heißt das konkret? Warum sind Städte wie Leipzig, Dresden und Magdeburg, in deren Nähe sich unsere zwei aktuellen Bestandsobjekte in Calbe und Burg (mehr: https://bit.ly/3lqFhoA; https://bit.ly/3tGZDwL) befinden, sowie die umliegenden Regionen dazu besonders beliebt? Und bei wem?

 

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Von wegen Abwanderung aus Ostdeutschland, seit einigen Jahren kehrt sich der Trend um. Zuletzt hatten 35 der 50 mitteldeutschen Landkreise und kreisfreien Städte einen positiven Wanderungssaldo, das heißt mehr Menschen zogen hin als fort. Vor allem die sächsischen Großstädte profitieren vom Zuzug junger Leute. Städte wie Leipzig und Dresden und Magdeburg ziehen mittlerweile sowohl junge Ost- als auch Westdeutsche mit ihrem kulturellen Angebot und beruflichen Möglichkeiten an.

 

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Auch wenn sich der rasante Bevölkerungszuwachs in Leipzig abgeschwächt hat, ist die Messestadt weiterhin die Stadt, die mit Abstand am meisten neue Einwohner/-innen durch Zuzug gewinnen kann. Neben Leipzig und Dresden ziehen auch nach Magdeburg, Halle, Jena, Chemnitz, Erfurt und Weimar zunehmend junge Erwachsene. Die hohen Zahlen für Leipzig und Dresden sind vor allem der Altersgruppe zwischen 18 und 25 Jahren zu verdanken. Hauptsächlich Familien mit Kindern wollen raus aufs Land. Die Landkreise Leipzig, Nordsachsen und Sächsische Schweiz-Osterzgebirge haben einen hohen Zuwachs bei Kindern und Teenagern unter 18.

 

Auch interessant: In den 90er-Jahren, direkt nach der Wiedervereinigung, zogen viele Menschen aus den neuen Bundesländern in den Westen. Doch inzwischen hat sich das Blatt gewendet – mittlerweile ziehen mehr Menschen von West nach Ost.

 

2017 kam die Trendwende. In dem Jahr zogen erstmals seit der Wiedervereinigung mehr Menschen aus Westdeutschland nach Ostdeutschland als andersrum. Für Matthias Rosenbaum-Feldbrügge, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, ist das bemerkenswert: „Weil die ostdeutschen Bundesländer gerade in den Jahren nach der Wiedervereinigung und um die Jahrtausendwende herum starke Wanderungsverluste gegenüber dem Westen aufwiesen.“

 

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So seien im Zeitraum zwischen 1991 und 2017 insgesamt 1,2 Millionen Menschen mehr aus dem Osten in den Westen gezogen als andersherum, sagt Rosenbaum Feldbrügge.

 

Das Mehr an Menschen, die es seit 2017 aus den westdeutschen Bundesländern in den Osten zieht, ist allerdings überschaubar. 2017 war es gerade mal ein Plus von 4.000 Personen. Eines hat sich allerdings seit 30 Jahren nicht geändert: Es waren schon immer eher die westdeutschen Männer, die es nach Ostdeutschland verschlug.

 

Vor allem Sachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern profitieren von dem Zuzug. Und dort besonders die Kreise in der Nähe von Großstädten. Um hierherzukommen, hätten die zugezogenen Westdeutschen häufig eine weite Strecke zurückgelegt, sagt Matthias Rosenbaum-Feldbrügge. Er vermutet, dass es sich dabei auch um Rückkehrer handelt. Also Menschen, die nach der Wiedervereinigung zunächst den Osten verlassen hatten, um im Westen zu leben.

 

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Auch die Altersgruppe der westdeutschen Zugezogenen könne dafür ein Indiz sein, denn die ostdeutschen Bundesländer verzeichnen Wanderungsgewinne bei den 30- bis 49-Jährigen und auch bei den 50- bis 64-Jährigen, sagt der Bevölkerungsforscher Rosenbaum-Feldbrügge. Gerade Letztere könnten zu denen gehören, die vor 30 Jahren den Osten verließen, nur um heute wiederzukehren.

 

Weitere Argumente, um aufs Land zu ziehen:

 

  • In Deutschlands Großstädten steigen Mieten und Immobilienpreise auch in der Corona-Krise immer weiter. Gleichzeitig ist für viele Beschäftigte der Arbeitsplatz in den eigenen vier Wänden pandemiebedingt zum Alltag geworden.
  • Tatsächlich ist gerade für junge Familien das Leben in der ländlichen Idylle attraktiv. Und ein Umzug aufs Land kann sich auch finanziell lohnen. Denn Mieten, Immobilienpreise und Lebenshaltungskosten sind dort für gewöhnlich niedriger als in den Metropolen. Wer da ein gutes Gehalt mitbringt, hat jeden Monat einige Hundert Euro mehr auf dem Konto zum Sparen oder Anlegen.
  • Weil auch Homeoffice ein wichtiger Bestandteil der modernen Arbeitswelt bleiben dürfte, erwägen derzeit immer mehr Menschen einen Umzug – von der Stadt aufs Land. Einer Bitkom-Befragung vom Januar 2021 nach würde jeder fünfte Berufstätige seinen Wohnort wechseln, wenn er künftig größtenteils daheim arbeiten könnte.
  • Für Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) liegen die Vorteile auf der Hand. Die Arbeit aus dem Homeoffice trage nicht nur dazu bei, Beruf und Privatleben besser vereinbaren zu können. Unternehmen hätten auch die Chance, ihre Attraktivität als Arbeitgeber zu erhöhen und so Fachkräfte an sich zu binden. Und mobile Arbeit könne helfen, die Motivation der Mitarbeiter zu erhöhen und Pendelzeiten zu reduzieren. So steht es auch im von Heil vorgelegten Entwurf für ein Mobile-Arbeit-Gesetz.
  • Dass mehr Homeoffice nicht nur Pendelzeiten reduzieren, sondern auch die Wohnsituation in den Innenstädten entspannen könnte, zeigt nun eine Umfrage für den Digitalverband Bitkoom unter rund 1500 Erwerbstätigen. Demnach würde jeder fünfte Berufstätige (21 Prozent) umziehen, wenn er in Zukunft größtenteils im Homeoffice arbeiten könnte.

 

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  • In der Corona-Krise habe flexibles Arbeiten einen kräftigen Schub erfahren und werde auch nach der Pandemie die neue Normalität in der Arbeitswelt prägen, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg.
  • Durch den dauerhaften Trend zum Homeoffice seien viele Berufstätige weniger stark auf einen Wohnort in der Nähe des Arbeitgebers angewiesen. Dies könne „auch Druck von stark verdichteten Städten nehmen und mäßigend auf die Wohnkosten wirken“, betont Berg.
  • Von denen, die sich bei Homeoffice-Option einen Umzug vorstellen können, wollen die meisten ihre Wohnsituation verbessern. Fast vier von zehn Befragten träumen von einem Häuschen im Grünen. 23 Prozent wollen in einer attraktiveren Stadt wohnen, 28 Prozent gern näher bei Freunden oder der Familie. Immerhin jeder fünfte Umzugswillige möchte Miete sparen oder mehr Wohnraum für weniger Geld zur Verfügung haben.
  • Schon seit Langem bestätigten Umfragen, dass Menschen jenseits der 30 am liebsten in kleinen Städten und Dörfern leben möchten, sagt der Präsident des Deutschen Landkreistags, Reinhard Sager, zum Beispiel dem Handelsblatt. „Wir konnten in den letzten neun Monaten zudem unter dem Eindruck der Pandemie beobachten, dass es die Menschen vielfach vorgezogen haben, von zu Hause aus zu arbeiten – und das war oft nicht die Großstadt.“
  • Für den Umzug ins Grüne mit Homeoffice-Option müssten dann aber auch die Voraussetzungen stimmen, betonte Sager. Dazu gehöre ein schnellerer Ausbau des Glasfasernetzes, der Kinderbetreuung und der flächendeckenden Gesundheitsversorgung in ländlichen Räumen – eine große Chance für diese Regionen.
  • „Das Bedürfnis von vielen Menschen nach mehr Wohnfläche und einer grünen Umgebung hat sich bereits vor Corona abgezeichnet“, sagt auch Andreas Ibel, Präsident des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), dem Handelsblatt. Das hätten nicht zuletzt die steigenden Baugenehmigungszahlen im Umland der größeren Städte gezeigt.
  • „Mehr als die Hälfte unserer Makler registriert eine gestiegene Nachfrage im Speckgürtel“, sagt hingegen Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbands IVD, dem Handelsblatt. Das Wohnen in kleineren Städten werde wieder attraktiver. Wie Landkreistags-Präsident Sager betont aber auch Schick, dass dann die Verkehrs- und Dateninfrastruktur im Umland der größeren Städte massiv ausgebaut werden müsse.
  • Der Berliner Immobilieninvestor Jakob Mähren weiter: Eine Familie könne auch abseits der Großstadt leben, grün, entspannt, preiswerter, und wenigstens einen Teil der Arbeit mit Videokonferenzen und mehr Homeoffice bewältigen. „Ich glaube, die Pandemie ist ein Innovationsbeschleuniger und Treiber dieses Trends. Es ist für ein Unternehmen doch klüger, dem Mitarbeiter ein etwas höheres Gehalt zu zahlen, damit er sich ein Zimmer mehr leisten kann, als teure Büros vorzuhalten oder die Leute gar in sehr teure Coworking-Spaces zu stecken.“
  • Nach einer Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) arbeitete im April und Mai vergangenen Jahres die Hälfte der Beschäftigten zumindest zeitweise im Homeoffice. Vor der Pandemie lag der Anteil nur bei 35 Prozent. Und laut Ifo-Institut stieg der Anteil der Unternehmen, die ihren Mitarbeitern die Arbeit von zu Hause ermöglichen, von 51 Prozent vor der Pandemie auf 76 Prozent.
  • Die Beschäftigten würden an den neuen Freiheiten gern festhalten. In einer Kurzexpertise des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) für das Bundesarbeitsministerium gaben von den Arbeitnehmern, die im Juli und August 2020 im Homeoffice arbeiteten, 93 Prozent an, dies auch nach der Krise weiterhin tun zu wollen.
  • Ein Grund ist die Zeitersparnis beim Pendeln. Die Forscher von Deutsche Bank Research weisen in einer Homeoffice-Analyse darauf hin, dass laut Mikrozensus 2016 knapp jeder zweite Erwerbstätige bis zu 30 Minuten pro Arbeitsweg unterwegs ist.
  • Vor allem auch viele kreative Städter möchten Landluft. Sicher dabei ist aber, dass die Lust aufs Land für einige Dörfer eine große Chance birgt. „Die neuen Bewohner bereichern nicht nur das Dorfleben, sie bringen auch viele neue Ideen aus den Städten mit und stoßen damit nicht selten eine wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Modernisierung der Dörfer an.“
  • Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung (BI) und das Beratungsinstitut Neuland21 nehmen eine „kreative urbane Szene“ als Träger der neuen Landbewegung in den Blick: Keine Aussteiger auf der Suche nach dem zivilisationsfernen Refugium, keine bauspargeförderten Kleinfamilien am Rande urbaner Speckgürtel, die es dann als Pendler doch wieder in die City zieht. Sondern stressgeplagte Großstadtmenschen, junge Familien auf der Flucht vor boomenden Mieten, Tüftler und Kreative. Allesamt Menschen, die sich nach einem familiären Leben in größeren kooperativen Gruppierungen sehnen, die Raum für Entfaltung und Experiment brauchen.
  • Vor allem aus Berlin, aber auch aus anderen expandierenden Städten lockt es sie in renovierungsbedürftige Gutshöfe, denkmalwürdige Landhäuser und stillgelegte Fabriken draußen auf dem Land. Damit tragen sie zur Wiederbelebung verödender Ortskerne bei und machen mit neuen Ideen (z. B. Klimawerkstatt, Car-Sharing, Perma-Kulturgärten, Öko-Tourismus) die Dörfer attraktiver (Fotos: RMC – Rendite Management Concept GmbH/Stadt Magdeburg/Stadt Burg/Stadt Calbe).

 

HINWEIS: Hoch interessant ist dabei in diesem Zusammenhang die im August 2019 erstellte Analyse des Berlin-Instituts „neuland21“ für Bevölkerung und Entwicklung (zum Download geht es hier: https://bit.ly/3eMZuU4)!

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