Statistik erwartet Einwohnerzahl in Korridor zwischen 242.500 und 227.500 – Standort wird, um Zuzüge zu generieren, weiter gestärkt – Neues Bauland geplant

Stadtkämmerer Ralph Burghart und der Leiter der kommunalen Statistikstelle der Stadt Chemnitz, Dr. Reiner Hausding, haben Mitte dieser Woche die neue Bevölkerungsvorausberechnung für Chemnitz, in deren aufstrebenden Stadtteil „Sonnenberg“ noch wenige Wohnungen im Denkmalobjekt Villa „Philipp“ frei sind (mehr: https://bit.ly/3t1eDrq), vorgestellt. Demnach wurden zwei Grenzvarianten berechnet. Diese spannen bis zum Jahr 2035 einen Korridor auf, in dem die Einwohnerzahl in den kommenden Jahren erwartet wird.

Ausgehend von einer Einwohnerzahl von 243.646 Einwohnerinnen und Einwohner mit Hauptwohnsitz in Chemnitz zum Jahresende 2021 führt die Vorausberechnung nunmehr unter den getroffenen Annahmen für das Jahr 2035 in der oberen Grenzvariante zu einer Einwohnerzahl von 242.500 Einwohnern und in der unteren Grenzvariante von 227.500 Einwohnern.

Der große Spielraum von rund 15.000 Einwohnern zeigt die große Dynamik und Unsicherheit, durch die die derzeitige demografische Entwicklung, insbesondere im Wanderungsgeschehen, geprägt ist. Während allen Rechnungen gleiche Annahmen zu den Geburten- und Sterbefallentwicklungen zugrunde gelegt wurden, unterscheiden sich die beiden Grenzvarianten in ihren unterschiedlichen Annahmen über einen zukünftig erwarteten Wanderungssaldo.

Bürgermeister Ralph Burghart dazu: „Die Stadt Chemnitz sieht es im Ergebnis dieser Projektion als vorrangige Aufgabe an, die Fortzüge vor allem im Bereich der Bildungswanderung bzw. der Abwanderung junger Familien zu senken. Gleichzeitig wird sie verstärkte Zuzüge in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen stellen, indem sie ihre Position und das Angebot als attraktiver Wirtschafts-, Wissenschafts- und Wohn- bzw. Lebensstandort weiter stärkt.“

Hierfür sollen zunächst Erkenntnisse über die Beweggründe junger Menschen für das Bleiben in oder das Weggehen aus der Stadt durch Umfragen unter Chemnitzer Schülerinnen und Schülern, die vor der Entscheidung stehen, wie ihr weiterer Lebensweg aussehen soll und ob sie ihren zukünftigen Lebensmittelpunkt in der Stadt oder an anderen Orten suchen bzw. sehen, gewonnen werden. Eine vergleichbare Umfrage ist auch unter den Studierenden der Chemnitzer Universität geplant.

Außerdem wird eine Umfrage unter den in Chemnitz ansässigen Unternehmen vorbereitet, in deren Kern eine Einschätzung über die Stadt als „Wirtschafts-, Wissenschafts- und Wohn-/Lebensstandort Chemnitz“ stehen soll.

Zusammenfassend wird es darum gehen, Chemnitz

  • als Wissenschaftsstandort (z. B. durch Weiterentwicklung der Universität – Entwicklung und Ansiedlung attraktiver Ausbildungsgänge und -richtungen),
  • als Wirtschaftsstandort (z. B. durch Schaffung attraktiver qualifizierter Arbeitsplatzangebote, Schaffung/Angebot geeigneter Rahmenbedingungen und Entwicklung der Standortfaktoren, die den Industriestandort Chemnitz für Wirtschaftsansiedlungen attraktiv machen) und
  • als Wohn- und Lebensstandort (z. B. durch Ausbau attraktiver Wohnangebote; Bereitstellung interessanter Freizeitangebote, Schaffung eines sozialen Lebens- und Wohnumfeldes)

weiter zu etablieren.

Nicht zuletzt ist ein Ziel, geeignetes Bauland bereitzustellen, um der Abwanderung junger Familien ins Umland entgegenzuwirken und stattdessen in der Stadt Angebote zu unterbreiten.

Prozesse, die bisherige und zukünftige Bevölkerungsentwicklung beeinfluss(t)en

Natürliche Bevölkerungsentwicklung

Eine der wesentlichen Komponenten für die Entwicklung der Einwohnerzahl ist die Differenz zwischen Geburten und Sterbefällen, der natürliche Saldo. Hier wirken besonders die Entwicklungen der frühen 1990er-Jahre bis heute nach. Dies spiegelt sich im hohen Altersdurchschnitt der Chemnitzer Bevölkerung wider. Das Durchschnittsalter der Chemnitzerinnen und Chemnitzer liegt aktuell im Median für Frauen bei 50,8 Jahren und für Männer bei 43,7 Jahren.

Der Geburteneinbruch in den frühen 1990er-Jahren verbunden mit einer hohen Abwanderung vor allem junger Menschen aus der Stadt führte dazu, dass die Stadt zwischen 1994 und 1998 rund 25.000 Einwohner hauptsächlich bei den damals unter 50-Jährigen verloren hatte.

Diese „historischen“ demografischen Entwicklungen waren ein wesentlicher Punkt, der zu einer Alterspyramide führte, wie sie heute in Chemnitz vorzufinden ist. Dabei steht die Stadt mit diesem demografischen Problem nicht allein da, vielmehr sind die meisten deutschen Großstädte von einem steigenden Altersdurchschnitt ihrer Bürger betroffen.

Die Altersstruktur von Chemnitz widerspiegelt sich nicht zuletzt auch im natürlichen Saldo. So sind in den Jahren 2016 bis 2019 pro Jahr im Durchschnitt 1.000 Menschen mehr gestorben als geboren wurden. Die Jahre 2020/2021 unter dem Einfluss der Corona-Pandemie und der damit in Verbindung stehenden erhöhten Sterblichkeit verschärften die Situation.

Man muss damit auch auf absehbare Zeit davon ausgehen, dass der natürliche Bevölkerungssaldo in den Folgejahren für Chemnitz weiterhin negativ sein wird.

Wanderungsentwicklung

Der Ausgleich des natürlichen „Schrumpfens“ der Einwohnerzahl ist nur durch einen Bevölkerungszuwachs möglich, der aus Wanderungen hervorgeht.

Die Wanderung von Einwohnern mit ausländischer Staatsangehörigkeit in den letzten Jahren war durch ein hohes Maß an Zufälligkeit sowohl in der Größenordnung der Zuwanderung als auch in ihrer regionalen Herkunft gekennzeichnet, beispielsweise durch Arbeitsmigration innerhalb der Europäischen Union, Wanderungsströme infolge der weltpolitischen Lage und dem Eintreten von Krisen- oder Katastrophensituationen.

Die Analyse des Wanderungsverhaltens der Jahre 2011 bis 2021 hat gezeigt, dass die Abwanderung bei der Bevölkerung mit deutscher Staatsangehörigkeit aus Chemnitz vorrangig zwei Schwerpunktrichtungen besaß: zum einen die Städte Dresden und Leipzig und zum anderen die Städte und Gemeinden des unmittelbaren Chemnitzer Umlandes.

Für das Wanderungsgeschehen der deutschen Bevölkerung spielt der Freistaat Sachsen ohnehin eine wesentliche Rolle. Im Zeitraum von 2011 bis 2020/2021 erfolgten ca. 61 Prozent aller Zuzüge nach und 60 Prozent aller Wegzüge aus Chemnitz in eine Stadt oder Gemeinde im Freistaat Sachsen. Damit stellt der Freistaat Sachsen einen Wanderungsschwerpunkt für Chemnitz dar.

Folglich birgt der Freistaat Sachsen ein wichtiges Potenzial für die mögliche zukünftige Zuwanderung in die Stadt Chemnitz. Wenn man davon ausgeht, dass auch in den kommenden Jahren diese Wanderungsverflechtungen mit den Städten und Gemeinden des Freistaates Sachsen bestehen werden, stellt die demografische Entwicklung der sächsischen Bevölkerung in den nächsten Jahren eine wichtige Einflussgröße dar. Auch der Freistaat Sachsen war in den Jahren 2011 bis 2021 vom demografischen Wandel betroffen, was zu einem Einwohnerrückgang um ca. drei Prozent geführt hat.

Hintergrund Bevölkerungsvorausberechnung

Die bislang letzte Bevölkerungsvorausberechnung für die Stadt Chemnitz wurde 2016 mit einem Horizont bis 2030 durchgeführt. Die Bevölkerungsentwicklung war zum damaligen Zeitpunkt noch geprägt von einem positiven Entwicklungstrend, der auch bis 2018 anhielt, anschließend jedoch in einen fallenden Verlauf überging.

In diesem Jahr erfolgte eine neue Bevölkerungsvorausberechnung. Mit ihr sollten einerseits die Annahmen und Ergebnisse von 2016 auf den Prüfstand gestellt und an die neuen realen Entwicklungstendenzen bis 2021 angepasst werden. Andererseits wurde der Vorausberechnungshorizont auf das Jahr 2035 weitergeführt.

Damit begründet sich die vorliegende Vorausberechnung auf die Entwicklungen für Geburten, Lebenserwartung und Wanderungen, d. h. Zu- und Wegzüge der Jahre bis 2021. Während Geburten- und Sterbefallentwicklungen unter demografischen Gesichtspunkten eher kontinuierlich verlaufen, können die Wanderungsprozesse mit den Zu- und Wegzügen auf kommunaler Ebene auch innerhalb kürzester Zeiträume eher sehr dynamisch und sprunghaft sein. Nicht zuletzt ist es auch deshalb erforderlich, Vorausberechnungen in regelmäßigen Zeiträumen den aktuellen Gegebenheiten anzupassen (Text/Fotos/Grafiken: RMC/ Stadt Chemnitz).

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