Renovierungen werden zukünftig höheren Stellenwert einnehmen – Lage bei Lieferengpässen entspannt sich – Bauzinsen stabilisieren sich unter der Vier-Prozent-Marke

Mit Beginn der Corona-Pandemie fielen die Prognosen für die Bauwirtschaft wenig rosig aus. Doch entgegen den Erwartungen entpuppte sich die Baukonjunktur in Deutschland nicht nur 2020 erneut als große und stabile Stütze für die deutsche Wirtschaft. Denn auch 2021 und sogar 2022, wenngleich etwas geringer, stiegen die Gewinne der Branche an. Und für die kommenden Jahre wird ein weiteres moderates Wachstum, begünstigt durch viele Faktoren, prognostiziert.

Laut dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) lag der Umsatz des Bauhauptgewerbes im Jahr 2021 bei circa 145 Milliarden Euro. Das entspricht einem Umsatzplus von 1,2 Prozent. 2021 gelang es zudem, 2,1 Prozent mehr Mitarbeitende einzustellen. Es wurden insgesamt 911.481 Menschen beschäftigt. Außerdem verzeichnete man wieder mehr Aufträge – insbesondere aus der Wirtschaft und im Wohnungsbau.

Steigende Materialpreise für Holz und andere Baustoffe, Lieferengpässe, sinkende Mietrenditen, knapper werdendes Bauland und daraus resultierend steigende Baukosten erschwerten der Baubranche zwar 2022 die erwartete Entwicklung. Aber ein Ende ist, auch laut der renommierten Stuttgarter Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY Parthenon, in Sicht.

Demnach ist bis 2024 ist im Hochbau ein Wachstum möglich, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. Das preisbereinigte Wachstum lag demnach im Jahr 2021 bei 1,1 Prozent, während es 2022 auf 1,8 Prozent anstieg und bis 2024 sogar ein stabiler Wert von 1,7 Prozent möglich ist – allerdings in Abhängigkeit von den weiteren weltwirtschaftlichen Entwicklungen. Die Prognose von EY Parthenon sagt dabei voraus, dass vor allem Renovierungen zukünftig einen höheren Stellenwert einnehmen werden. Für 2024 wird in diesem Bereich ein Wachstum von 2,1 Prozent erwartet, während die Prognosen für den Neubau bei 1,1 Prozent liegen.

Diese Entwicklung wird, so die Deutsche Handwerkszeitung, durch den Rückgang des Baustoffmangels begünstigt. Demnach sprechen die Handwerksbranchen immer seltener von Lieferschwierigkeiten. Die Zeichen stehen auf Entspannung, was viele Verfügbarkeiten betrifft. So bewegen sich die Baustoffpreise laut des Statistischen Bundesamtes zwar weiter auf historisch hohem Niveau. Doch der Preisanstieg verlangsamte sich 2022 zum zweiten Mal in Folge. Tendenz für 2023: weiter rückläufig.

Weitere Gründe sind:

  • Auch der Index für Dieselkraftstoff geht weiter zurück. Er folgt dem sinkenden Erdölpreis. Nur die erdölbasierten Kunststoffe zeigen bislang noch keine Abwärtsbewegung aufgrund dieser Entwicklung, sondern bleiben konstant.
  • Der Index für Betonstahl ist auf das Niveau aus dem zweiten Halbjahr 2021 abgesunken und hat damit den Peak aus dem Frühjahr 2022 egalisiert.
  • Die Preise für Holz haben weiter etwas nachgegeben.
  • Und die energieintensiven mineralischen Baustoffe zeigen ebenso keinen weiteren Preisanstieg.

Besonders wichtig vor allem für Kapitalanleger ist zudem der Umstand, dass Experten nach dem Emporschnellen der Bauzinsen im letzten Jahr für 2023 nur noch moderate Anstiege erwarten. So waren 2022 die Zinsen für Immobiliendarlehen mit zehn Jahren Laufzeit von einem auf bis zu vier Prozent gestiegen. Die Fachleute rechnen aktuell damit, dass es im Frühjahr einen leichten Rückgang auf etwa drei Prozent geben wird, bevor sie wieder auf 3,5 bis 3,75 Prozent anziehen werden – aber sie werden konstant unter der Vier-Prozent-Marke bleiben.

Außerdem herrscht aktuell in Deutschland der größte Wohnungsmangel seit über 20 Jahren. Einer Anfang Januar 2023 vom Verbändebündnis Soziales Wohnen vorgestellten Studie zufolge fehlen derzeit 700.000 Wohnungen und das Problem spitzt sich wegen der Bevölkerungszunahme weiter zu. Vor allem bei den bezahlbaren Wohnungen werde das ohnehin schon massive Versorgungsloch immer größer, erklärte Matthias Günther, Leiter des Hannoveraner Pestel-Instituts, das gemeinsam mit dem schleswig-holsteinischen Institut Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen Kiel (Arge) im Auftrag des Bündnisses die Wohnungssituation untersucht hatte.

Profitieren wird die Bau- und Immobilienbranche sicherlich zudem von der zum 1. März 2023 startenden Neubauförderung „Klimafreundlicher Neubau“ (KFN) des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) als Teilprogramm der Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude. Die neue KFN-Förderung löst die bislang vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) verantwortete Neubauförderung im Rahmen der BEG ab. Insgesamt stellt der Bund jährlich 750 Millionen Euro für das Förderprogramm zur Verfügung.

Ziel der neu ausgerichteten Neubauförderung ist die Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen im Lebenszyklus, die Verringerung des Primärenergiebedarfs in der Betriebsphase und die Erhöhung des Einsatzes erneuerbarer Energien unter Einhaltung von Prinzipien des nachhaltigen Bauens. Die neue Förderung erfolgt in Form von zinsgünstigen Krediten mit Zinsverbilligung aus Bundesmitteln ohne Tilgungszuschüsse. Die Vergabe der Kredite erfolgt analog den bestehenden BEG-Produkten ohne Beihilfe.

Unser Fazit: Es gibt einen Lichtblick am Ende des Tunnels. Denn das Baugeschehen erweist sich mittelfristig weiterhin als robust. Das bestätigt auch das ifo-Institut, das Ende Januar bei BAU-Messe in München u. a. die Ergebnisse ihres Branchenausblicks für den deutschen Bausektor im Zeitraum bis 2025 präsentiert hatte. So werde nach zwei verhaltenen Jahren wohl die deutsche Bauleistung 2023 wieder etwas zunehmen. Für 2025 prognostiziert die Marktanalyse, dass der Umfang der Baumaßnahmen hierzulande im Schnitt eineinhalb Prozent wachsen werden.

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